Ein erfüllter Tag

(Verfasst von der Enkelin der Maler-Schriftstellerin Barbara Borm)

Wenn ich heute über Waltraud Markmann Kawinski schreibe, dann stelle ich mir vor, wie sie an ihrem Computer sitzt, ihr langer geflochtener Zopf vom Stuhl baumelt, sie auf das Grün der Gehölze vor ihrem Fenster blickt, während sie an ihrem neuesten Buch arbeitet oder aber Tagebuch schreibt. Ich stelle mir das Zimmer vor in dem sie gelebt und gearbeitet hat. Das Zimmer in dem sie sich ihre Ruhepausen vom Malen gönnte, nur um dann sogleich wieder an den Computer zurückzukehren, um sich weiter mit der Kunst zu beschäftigen. Sie sagte eins zu mir „Wenn ich male dann denke ich, dass ich eigentlich schreiben müsste und wenn ich schreibe, dann denke ich, dass ich eigentlich malen müsste“. Vor allen Dingen in den letzten Jahren hat sie gezeigt, wie ernst ihr diese Aussage war. Schon vor vielen Jahren sagte sie „Kunst schaffen ist ein begnadeter Fluch!“ Aber ich weiß, sie hat diesen Fluch geliebt und vor allen Dingen gelebt. Davon zeugen ihre Kunstkinder, wie sie ihre Werke gerne liebevoll bezeichnete.

 

Am 03. August 1931 wurde Waltraud Markmann Kawinski als Tochter eines Fabrikanten und einer Konzertsängerin in Düsseldorf geboren, wo sie aufwuchs, bis die Familie durch die Bomben 1942 Haus und Fabrik verloren. In einer Übergangszeit lebte sie mit ihrer Familie auf Schloss Hachenburg. Schon damals begann sie mit der Tierzucht um ihre Familie finanziell zu unterstützen. 1946 zogen sie nach Linz/Rhein, wo sie bis zu ihrem Tod mit ihrer Schwester Gudrun lebte, trotzdem behielt sie zeitlebens einen Zweitwohnsitz in Düsseldorf.

 

Im Alter von 8 Jahren beginnt sie an ihren Märchen zu schreiben und mit 12 entstehen erste Zeichnungen in der Natur. Darauf folgt mit 16 Jahren die frühe Aufnahme an der Kunstakademie Düsseldorf, wo sie aufgrund ihres jungen Alters von ihren Kommilitonen liebevoll „Akademie-Baby“ genannte wird. Sie fertigt erste Holzschnitte, schreibt weiter Märchen, Lieder und auch Satire-Stücke. Schon damals fanden erste Ausstellungen ihrer Werke statt und auch ihre erste Publikation „Junge Schäferhunde“ im Kunstband „Deutsche Holzschneider“.

 

 

Auch ihr Grundstück in Linz/Rhein zeigt ihre Künstlerseele. Auf dem mittlerweile ziemlich verwilderten Hanggrundstück liegt ihr selbst gebautes Haus mit Galerie „Hegarda“. Der Name erklärt sie, kommt von „gehegter Garten“. Nach ihrem Studium verbrachte sie die Zeit dort zusammen mit ihrer Familie. Ihren Eltern und ihrer Schwester sowie auch mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern.

 

Neben vielen kurzen Malreisen innerhalb Europas schrieb sie viele Märchen, Gedichte, Satire-Stücke, zwei Drehbücher, Lyrik und selbst vertonte Lieder. Das Schreiben war neben dem Malen immer das wichtigste für sie. 1962, nach der Trennung von ihrem Mann, folgen große Ausstellungen in Museen, Galerien und auf Kunstmessen - erst in Düsseldorf und dann weltweit (Europa, Asien, Afrika und Amerika). Ebenfalls baute sie ihre Hundezucht auf, fast 30 Jahre lang sind Podenco-Ibicenco-Pharaohunde und vor allem preisgekrönte Dalmatiner vom „Haus Hegarda“ ein Begriff. Dort lebten ebenfalls Schafe und große Reitponys. Ihre Schwester legte einige Amphibienteiche an.

 

Nachdem sie Geburtshelferin in der Kunst der heute Berühmten „Leipziger Schule“ wurde, absolvierte sie von 1973 bis 1977 ein Zweitstudium im Fach „Freie Grafik“ in Köln. Erst 1979 baut sie auf ihr Haus die Galerie, in der seit dem über 100 Ausstellungen stattgefunden haben. Mit Malerkollegen, Freunden und der Familie unternahm sie bis zu ihrem 50. Lebensjahr viele kurze Malreisen von denen sie nicht nur viele Kunstwerke, sondern auch Geschichten mitbrachte.

 

Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, begann sie mit monatelangen Malreisen in alle Welt mit engen Malerkollegenfreunden. Bereits während der Reisen fanden Ausstellungen in den jeweiligen Ländern mit ihren gerade angefertigten Ölbildern und weiteren Kunstwerken statt. 1990-91 durchquerte sie mir ihrem Malerkollegen-Freund Thomas Hillenbrand den gesamten schwarzen Kontinenten in einem Hanomag, was mit zwei Jahren die längste ihrer Malreisen war.

Neben Ausstellungen, Lichtbildvorträgen und Lesungen brachte sie von ihren Malreisen nicht nur Bilder mit zurück, sondern auch seitenweise Tagebücher und Erlebnisse, die in unterschiedlicher Weise zu Papier gebracht wurden. Von 1995 bis 2012 wurden 14 Bücher, die meisten davon im eigen dafür gegründeten Verlag, verlegt und veröffentlicht.

1995 Sehnsucht nach dem höchsten Blatt
1996 Schwarz-Weiß
2004 Märchen für Kinder von 8 bis 88“ Band I
2004 Märchen für Kinder von 8 bis 88“ Band II
2008 Erzählungen Band I
2008 Novellen
2009 Drei x Heinz
2010 In Sultansgewändern - Erzählungen Band II
2010 Das Rattenloch
2010 Vegetarierin auf Safari - Erzählungen Band III
2011 Chinesische Beerdigung
2011 Waltraud an David
2012 Heide-Exeh
2012 Bühnenspiele

 

Jedes dieser Werke zeichnet sich dadurch aus, dass nicht nur Texte, sondern auch Bilder von ihr in jedem Buch mit veröffentlicht wurden. So befinden sich in ihrem ersten Buch von 1995 „Sehnsucht nach dem höchsten Blatt“ neben der Lyrik auch 22 Radierungen der Maler-Schriftstellerin. Viele der Werke enthalten mehrere Erzählungen die in den vielen Jahren ihres Lebens entstanden. So befindet sich in ihrem zuletzt veröffentlichten Werk „Bühnenspiele“ ein Stück „Gott `Tot und Leben`“ dass auf einer Idee basiert, die sie bereits mit 18 Jahren niederschrieb. Alle Stücke in ihrem letzten Buch entstanden bereits 1954-1975.

 

Profilbild Potrait: Waltraud Markmann Kawinski (2010).

Einiges ihrer Werke basiert auf ihren Lebenserfahrungen und Reisen. Vor allen Dingen ihre Liebe zu Afrika, welches sie oft bereiste, fünf Mal die Sahara durchquerte und auch dort (wie in vielen Ländern dieser Erde) gute Malerkollegenfreunde fand, spiegelt sich oft in ihren Texten und ihrer Lyrik wieder. Auch andere Reisen wurden in ihren Werken verewigt. So basiert das fertige, aber noch nicht veröffentlichte Werk „Mein Tiger und Katmandu“ auf einer ihrer Asienreisen.

Waltraud Markmann Kawinski verstarb einige Wochen nach ihrer letzten Malreise durch Mexiko am 25. November 2012 in ihrem geliebten Haus Hegarda. Hinterlassen hat sie nicht nur Hunderte von Ölbildern (meist großformatig), Radierungen, Holzdrucke, Reibdrucke, Zeichnungen, Fayence-Fliesen, sondern auch viele fertige und unfertige Manuskripte. Zwei davon zeigen wieder ihre Liebe zu Afrika und befinden sich bereits im Lektorat. Im Roman „Ein Zwerg sieht Afrika“ reist ein 18-jähriger Liliputaner nach Johannisburg und Namibia, wobei er durch die Freundschaft zu einem gleichaltrigen Riesen seine Komplexe überwindet. In ihrem mehrbändigen Tagebuch „Afrikadurchquerung mit Hanomag und Staffelei“ beschreibt sie Wortgewand ihre zweijährige Afrikareise, bei der sie unter anderen umgeben von Pavianen an ihrem 60. Geburtstag den Kilimandscharo malte.

Zurückblickend auf meinen Text wollte ich eigentlich über die Bücher Waltraud Markmann Kawinskis schreiben, aber doch ist es wieder ein Abriss ihres Lebens geworden. Und ich hätte noch so viel mehr zu erzählen. Denn ich als ihre Enkelin kenne nicht nur ihre Veröffentlichungen, sondern habe ihr auch viele Stunden ihres Lebens ihren Erzählungen ihrer Reisen, ihrer vielen Freunde weltweit, ihren Gedanken, ihrer Wünsche für die Welt und natürlich auch aus ihrem, dem unserer Familie und meinem Leben gelauscht. Meine Oma, die Künstlerin Waltraud Markmann Kawinski hat ihr ganzes Leben ihrer Kunst gewidmet und auch jetzt in ihrem Tod lebt diese Weiter. Werke werden weiter veröffentlich werden und gerade dieses Wochenende findet die erste Vernissage in ihrer Galerie ohne sie statt, aber mit ihrer Familie, ihren Freunden und ihren Kunstkindern.

Enden möchte ich mit einem ihrer Haikus, das perfekt auf ihr Leben passt:

 

Ein erfüllter Tag,

Regenfall und Sonnenlicht,

ich habe gelebt.

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Zum Ziegenbusch 11

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